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Digitale Produkte verkaufen: Darum scheitert Ihr B2B-Vertrieb an der neuen Challenge

Von allen neuen digitalen Produkten – zum Beispiel denen, die zusätzlich zum klassischen Sortiment entwickelt werden – schaffen es erfahrungsgemäß nur fünf Prozent auf den Markt. Und nur jedes zweite setzt sich dort am Ende erfolgreich durch*. Doch welche Gründe hat es, dass sich viele digitale Produkte nicht verkaufen?

Ein häufiger Grund des Scheiterns von neuen digitalen Produkten ist mangelnde Erfahrung im B2B-Vertrieb. Das kann unterschiedliche Ursachen haben. Wir zeigen Ihnen die wichtigsten Stolperfallen beim Verkauf von digitalen Produkten und erklären, wie Sie diese vermeiden und bisher getätigte Investitionen so besser nutzen.

Grund #1Fehlende „Verkaufbarkeit“ – die digitale Geschäftsidee erfüllt keinen Kundennutzen 

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Neue Ideen haben viele Unternehmer. Mit genügend Pioniergeist, Mut und Durchhaltevermögen entwickeln sie daraus spannende digitale Geschäftsideen. In 90 Prozent aller Fälle übergehen Unternehmer jedoch in ihrem Tatendrang eine wichtige Prozessphase der Innovationsentwicklung: die Demonstration der Machbarkeit.

Was bedeutet das und warum ist dieser Schritt wichtig? Kunden investieren dann Geld, wenn sie vom neuen Produkt überzeugt sind. Können sie das quantifizierbar nachweisen, ist das ein deutlicher Indikator dafür, dass das Geschäftsmodell machbar ist. Die „Verkaufbarkeit“ wäre damit bestätigt.

Nehmen wir ein passendes Fallbeispiel. Eine Firma aus der Maschinenbau-Branche konzipiert eine neue Online-Plattform. Diese soll ihren Kunden dabei helfen, die Maschineneinstellungen zu justieren und als sogenannte „Rezepte“ zu speichern, sodass bestimmte Einstellungsparameter immer sofort abrufbar sind. Die Firma befragt dazu drei Schichtleiter – diese befinden die Plattformidee jeweils als gut. Auf Basis dieser Nutzer-Analyse entwickelt das Unternehmen die Online-Plattform. Doch bei der Markteinführung stellt sich heraus, dass die wechselnden Schichtleiter die Rezepte der anderen Schichtleiter nicht nutzen.
Das Ergebnis: Die Online-Plattform kann keinen Mehrwert erzeugen.
Die Lösung: Das Unternehmen hätte die Machbarkeit des digitalen Produkts demonstrieren können, indem die Schichtleiter die Plattform vorab konkret angewendet und getestet hätten. Zudem hätten mehr Schichtleiter eingebunden werden müssen, um valide Ergebnisse zu erzeugen. So wäre sichtbar geworden, dass die Rezept-Funktion im Arbeitsalltag nicht nützlich ist.

Ist es jemals zu spät für eine Validierung der Machbarkeit? Nein, denn sie kann ohne Weiteres auch im Nachhinein erfolgen, was unter Umständen leichte bis mittlere Änderungen am Produkt und Geschäftsmodell nach sich ziehen kann. Manchmal jedoch muss die Idee sogar noch einmal komplett auf den Prüfstand.

Um die „Verkaufbarkeit“ eines digitalen Produkts also sicherzustellen, sollten Sie sich am besten bereits zu Beginn der Entwicklung diese Fragen konkret stellen:

  1. Ist das digitale Produkt eine Antwort auf ein konkretes Problem, das Ihre Kunden umtreibt?
  2. Können Sie die Nutzer erreichen, die dieses Problem haben?
  3. Ist die Nachfrage für ein solches Produkt tatsächlich in hoher Zahl vorhanden?
  4. Ist das Wertversprechen so hoch, dass die Zahlungsbereitschaft den Business Case validieren kann?
  5. Ist das Produkt technisch machbar

Mit der anfänglichen Validierung eines Produktes ist es aber leider meist nicht getan. Grundsätzlich gilt: Die Entwicklung und Vermarktung eines digitalen Produkts sollten in jeder Phase aufs Neue effektiv hinterfragt werden, um sicherzustellen, dass man sich noch auf dem richtigen Pfad befindet. Demonstrieren Sie deshalb in regelmäßigen Abständen die Machbarkeit Ihres neuen digitalen Produkts, bis sie schließlich das Wachstumsmoment erreichen.

Grund #2: Das Vertriebsteam schafft es nicht, das digitale Produkt zu verkaufen

Sie haben Ihr Produkt auf „Verkaufbarkeit“ validiert und trotzdem kann es am Markt keine Kunden finden? Dann könnte es sein, dass es Ihrem Vertriebsteam nicht gelingt, das neue digitale Produkt oder den Service zu verkaufen.

Auch hier ein passendes Fallbeispiel: Ein Unternehmen aus der Druckbranche entwickelt eine Augmented-Reality-App. Die App ermöglicht es den Kunden des Druckmaschinenherstellers, bei Problemen mit den Geräten sofort den technischen Service zu kontaktieren. Dafür müssen die Mitarbeiter des Kunden nur eine Virtual-Reality-Brille aufsetzen, die sich automatisch mit der App verbindet. Der Service-Mitarbeiter des Druckerherstellers kann so sehen, wie sich die Problemsituation beim Kunden vor Ort darstellt und helfen. Woran könnte es also liegen, wenn die App trotz dieser sehr sinnigen Idee nicht genutzt wird? Die Antwort in diesem Fall: Dem Vertrieb gelingt es nicht, die App an den Kunden zu bringen.  
Das Ergebnis: Die App wird nicht heruntergeladen; das VR-Produkt kann nicht genutzt werden.
Die Lösung: Das Vertriebsteam hätte kostenlose Online-Webinare für Kunden aufsetzen können, die den Nutzen der App genau erklären. Die Inhalte der Schulung hätten dabei gemeinsam von Vertrieb, Produkt und Marketing entwickelt werden müssen. Zudem wäre eine Online-Vermarktungskampagne sinnvoll gewesen, in der das Vertriebsteam über Remote Selling die App-Vorteile näher erklärt hätte. So hätte die App eine Chance gehabt, breiter akzeptiert zu werden.

Grundsätzlich ist es für den Erfolg eines digitalen Produkts unumgänglich, dass der Vertrieb über ein technisches Grundverständnis verfügt. Ohne ausgeprägtes Wissen über den tatsächlichen Nutzen des Produkts sind Verkäufe unwahrscheinlich. Denn: Digitale Produkte erbringen oft einen ganz anderen Wert als physische Industrieprodukte. Der Vertrieb muss in der Lage sein, den Selling Point effektiv zu kommunizieren. Damit das Sales-Team nicht zur Schwachstelle Ihres neues digitalen Geschäftsfeldes wird, nehmen Sie dessen digitale Kompetenz genau unter die Lupe. Fragen Sie sich vor dem Marktlaunch:

  1. Versteht Ihr Vertriebsteam den Mehrwert des digitalen Produkts und ist es in der Lage, den Kunden die ganzheitliche Lösung und das Werteversprechen nahezubringen? Kann das Team erklären, welches Kundenproblem Ihr digitales Produkt konkret löst?
  2. Verfügt Ihr Vertrieb über genügend Erfahrung mit digitalen Vertriebs-, Präsentations- und Kollaborationstools, mit Social-Media-Kanälen und ist die Zusammenarbeit mit dem digitalen Marketing-Team geübt?
  3. Haben Sie ein langfristiges Anreizsystem für den Vertrieb des digitalen Produkts geschaffen und ist der Anreiz groß genug? Bis zur Phase der Skalierung sind in der Regel oft erst nur wenige Kunden bereit, das neue Produkt zu nutzen. Die Umsätze sind also zunächst gering. Darauf sollten Sie Ihr Vertriebsteam vorbereiten.

Doch was tun, wenn das Vertriebsteam digital kaum Kompetenzen vorweist? Zum einen wäre eine Weiterbildung sinnvoll, in der sich die Mitarbeiter fehlendes Wissen aneignen können. Dieser Prozess nimmt je nach Größe und Reifegrad der Organisation einige Zeit in Anspruch. Eine andere Möglichkeit wäre, eine digitale Vermarktungseinheit mit externen Experten aufzubauen. Vorteil: Da hier bereits notwendiges Know-how und Erfahrung vorhanden sind, stehen Ihnen digitale Kompetenzen deutlich schneller zur Verfügung.

Grund #3: Der Erfolg für digitale Produkte bleibt aus, weil die Innovationskultur fehltUnsplash 900 px x

Selbst wenn Ihr Vertrieb digital gut aufgestellt ist und eine bilderbuchartige, stetige Validierung des Kundennutzen erfolgte – manchmal steht der erfolgreichen Vermarktung schlicht und einfach die Unternehmenskultur im Weg. Digitale Innovationen benötigen eine moderne Innovationskultur, die experimentierfreudig ist, weil sie viel agiler als physische Produkte erdacht, erfunden, geplant, umgesetzt und vermarktet werden. Warum ist eine gute Innovationskultur so wichtig?

Nehmen wir ein passendes Fallbeispiel: Ein traditionsreiches Unternehmen aus der Elektroinstallationsbranche möchte zum ersten Mal ein digitales Produkt an dem Markt bringen. Die Idee ist gut, es gibt einen entsprechenden Projekt- und Businessplan. Doch bevor die Idee Schritt für Schritt weiter im Unternehmen entwickelt und verprobt werden kann, folgt das Unternehmen starr dem Businessplan und setzt das Projekt danach um. 
Das Ergebnis: Das Produkt scheitert am Markt. 
Die Lösung: Das Unternehmen hätte lernen müssen, noch im Such-Modus zu bleiben anstatt sofort in den Start-Modus gemäß Business-Plan zu wechseln. Wer Neues kreiert und vermarktet, der muss bereit sein, immer wieder Neues zu lernen, um flexibel auf den Markt und seine Anforderungen zu reagieren. Ein starres Verfolgen eines Businessplan ist das Gegenteil von einer experimentierfreudigen Innovationskultur.

Um herauszufinden, ob Ihre Unternehmenskultur der Vermarktung Ihres digitalen Produktes zuträglich ist, stellen Sie die folgenden Fragen:

  1. Gibt es einen agilen Projektplan, der klare Ziel setzt, aber flexibel in der Umsetzung ist?
  2. Haben Sie einen Businessplan, mit dem Annahmen und Hypothesen validiert werden können?
  3. Gibt es im Management ein Verständnis dafür, dass die Ziele erreicht werden können, ohne dass Meilensteine geschafft oder dass Meilensteine sogar komplett verändert werden?

Wenn eine Unternehmenskultur kein experimentierfreudiges Umfeld zulässt, gibt es grundsätzlich zwei Optionen. Zum einen können Unternehmer mittelfristig die Art und Weise, wie in der Firma entschieden und gehandelt wird durch die Einführung agiler Arbeitsmethoden verändern. Das braucht entsprechend Zeit zum Erlernen. Zum anderen können sich Unternehmen zur Überbrückung kurzfristig externe Hilfe suchen. Es gibt Teams, die darauf spezialisiert sind, eine Zeitlang ein externes agiles Umfeld für die Vermarktung eines Produkts zu bieten.
 

Grund #4: Es mangelt an Mitarbeitern in Schlüsseldisziplinen, um digitale Produkte zu verkaufen

Um ein Momentum für das Wachstum eines neuen digitalen Produkts zu erzeugen, ist es wichtig, Experten für die benötigen Schlüsseldisziplinen aus Marketing, Vertrieb und Produktentwicklung an Bord zu holen. Erst wenn alle Disziplinen ineinandergreifen, kann der Verkauf von digitalen Produkten richtig funktionieren.

Nehmen wir ein passendes Fallbeispiel: Ein Unternehmen möchte mit einem neu entwickelten digitalen Produkt auf den Markt. Es hat ein CRM-System installiert, Inhalte zum Produkt erstellt und ein Budget festgelegt, um das neue Produkt zu bewerben. Doch es fehlt Personal, um die Kampagne auszuführen. 
Das Ergebnis: Das Produkt verkauft sich nicht, weil nicht genügend Experten im Bereich Marketing, Vertrieb und Produktentwicklung im Unternehmen verfügbar sind. 
Die Lösung: Bevor die Vermarktung des digitalen Produkts startet, hätte das Unternehmen ein interdisziplinäres Expertenteam schaffen müssen, dass das neue digitale Produkt gemeinsam betreut.

Dass bei etablierten Unternehmen oftmals Spezialisten für die Vermarktung neuer digitaler Produkte fehlen oder deren Ressourcen dafür nicht freigegeben werden, ist keine Seltenheit. Häufig ist das Kerngeschäft wichtiger als das neue, „kleine“ Digitalprojekt. Dabei braucht es gerade am Anfang genügend Peoplepower, um den Verkauf anzuschieben und den alles entscheidenden Wachstumsmoment herbeizuführen. Klären Sie deshalb diese Fragen für sich vorab:

  1. Haben Sie als Unternehmen pro Disziplin mindestens eine/n Experten/in bereitgestellt?
  2. Wenn das Produkt extern entwickelt wird: Haben Sie sichergestellt, dass der Inhouse-Vertrieb des Produktes vom externen Anbieter noch eine Zeit lang mitbegleitet und geschult wird?
  3. Haben Sie dafür gesorgt, dass die abgestellten Personen langfristig auf dem Projekt arbeiten können?

Wer die erwähnten Spezialisten nicht im Haus hat oder sie nicht für das neue digitale Produkt abstellen kann, der sollte sich externe Unterstützung holen.
 

Grund #5: Die „Silo-Falle“ – wenn jeder seine eigene Suppe kocht

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In den meisten etablierten Unternehmen ist der Vertriebs-, Marketing- sowie Produktentwicklungsprozess jeweils für sich eingespielt und klar strukturiert. Die Abteilungen stehen jedoch in besonderer Beziehung zueinander: Das Marketing agiert oft nur als „Assistenz“ des Vertriebs. Das Vertriebsteam selbst weiß manchmal nichts von den neuen digitalen Produkten der Entwicklungsabteilung und wenn doch, behandelt die Sales-Abteilung sie häufig als „Satellit“. Die Konsequenz: Der Vertrieb lässt den Produkten nicht dieselbe Aufmerksamkeit wie den Kernprodukten zukommen und die Abteilungen arbeiten nicht produktiv und konstruktiv zusammen. Die „Silo-Falle“, also der unkooperative Umgang der Abteilungen miteinander, macht es dem Unternehmen schwer, digitale Produkte zu verkaufen.

Auch hier wieder ein passendes Fallbeispiel: Eine externe Agentur entwickelt ein digitales Produkt für einen Maschinenbauer. Dieses soll vom Vertrieb ohne engen Austausch mit den Entwicklern vermarktet werden. Das intern bereitstehende Marketingteam hat jedoch keine digitale Expertise und kann nicht unterstützen. 
Das Ergebnis: Durch den fehlenden Austausch zwischen Vertriebs- und Produktexperten sowie die nicht vorhandene Expertise in digitalem Marketing misslingt die Vermarktung des neuen Produkts. 
Die Lösung: Rückmeldungen der Nutzer hätten seitens des Vertriebs zeitnah an das Produktteam zurückgemeldet werden müssen. Das Produkt hätte dann schnell optimiert werden können, ebenso die Kommunikation des Produkts. Die Vertriebler hätten zudem vorher auch besser mit den Entwicklern sprechen sollen, was das Produkt leisten kann und potenziell noch leisten könnte.

Cross-funktionale Teams, die sich schnell gegenseitig über Kundenfeedback und generelle Erkenntnisse zum Produkt austauschen, um dann das Produkt und den Go-to-Market-Moment zu optimieren, sind also unabdingbar für die erfolgreiche Vermarktung digitaler Produkte. Über diese Fragen finden Sie heraus, wie Ihr Unternehmen diesbezüglich aufgestellt ist:

  1. Sind die Abteilungen Marketing, Vertrieb und Produkt gewöhnt, eng in Projekten zusammenzuarbeiten?
  2. Betrachten Sie das digitale Produkt als Teil der Kernwertschöpfung, das nicht einfach nebenbei gelauncht wird?
  3. Hat Ihr Unternehmen ein modernes Verständnis von Marketing und Vertrieb und kann eine Durchgängigkeit im Vermarktungsprozess garantiert werden?

Stellen Sie fest, dass Ihr Unternehmen noch recht tief in der „Silo“-Mentalität verankert ist, kann es helfen, eine externe Vermarktungseinheit temporär im Unternehmen zu verankern. Diese kann später nahtlos in die Firma übergehen.

Fazit

Wer weiß, wie er die Machbarkeit eines digitalen Produkts demonstriert, kompetent im digitalen Vertrieb ist, eine agile Innovationskultur besitzt, die erforderlichen Experten an Bord hat und es schafft, dass Marketing, Vertrieb und Produktentwicklung kooperieren, hat beste Voraussetzungen, ein digitales Produkt erfolgreich zu launchen. Eine gute Idee allein reicht hierfür nicht mehr aus. Sie braucht zahlreiche Kontrollfaktoren und Unterstützer, die ihr auf dem Weg zum Markteintritt systematisch helfen und die die Idee schließlich zum Wachstum führen.

Haben Sie an alle Aspekte in Sachen Vermarktung & Co. gedacht? Unsere Checkliste verrät Ihnen, wie gut Sie bereits aufgestellt sind.

Checkliste




* Quelle: Institut für angewandte Innovationsforschung (IAI) an der Ruhr-Universität Bochum: empirische Studie "FuE-Management: Mehr aus knappen Innovationsressourcen machen" von Friedrich Kerka, Minela Balic, Thomas Kley, Alexander Knickmeier, Birgit Ottensmeier, Nils Altner, Stefanie Lauterbach, Hermann Monstadt


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